Unser Geschäftsjahr 2022
Konzernlagebericht 2022
Konzernabschluss 2022
Der Kobold VK7 ist besonders saugstark und angenehm leise. Bei seiner Entwicklung hat Vorwerk mit agilen Methoden gearbeitet. Im Doppelinterview sprechen Product Owner Benjamin Fleczok und Akustikingenieur Amin Nezami über Systemgrenzen, Simulationen und Sackgassen – und über die Bedeutung von Freiräumen für den Fortschritt.
Der Senior Product Owner des neuen Staubsaugermodells Kobold VK7 ist 38 Jahre alt und arbeitet seit 2017 bei Vorwerk. Der Ingenieur liebt das Ultraleicht-Wandern und seine Katzen Ryu, Makoto und Akuma – die sich in Videokonferenzen gerne mal persönlich vorstellen.
Herr Fleczok, Hand aufs Herz: Dürfen Entwicklerinnen und Entwickler bei Ihnen auch mal falsch abbiegen und sogar in einer Sackgasse landen? Oder sind Ihnen doch diejenigen lieber, die auf direktem Weg das Ziel erreichen?
Fleczok: Den direkten Weg zum Ziel gibt es bei komplexen Produkten nur in der Theorie. In der Neuentwicklung arbeiten wir mit Annahmen und Hypothesen. Da ist es sogar notwendig, mal in eine falsche Richtung abzubiegen. So gewinnen wir Erkenntnisse über die Grenzen von Systemen – das ist sehr wichtig.
Nezami: Da kann ich nur zustimmen. Das Falschabbiegen hat zu Unrecht einen schlechten Ruf. Bei so mancher großen Entwicklung der Weltgeschichte haben Freiräume und Zufälle eine große Rolle gespielt.
Was war bei der Entwicklung des neuen Kobold VK7 Ihre größte Sackgasse?
Nezami: Wie gesagt: Echte Sackgassen gibt es in der Neuentwicklung eigentlich nicht. Was es aber reichlich gibt, sind Kill-your-darling-Momente, also Situationen, in denen man sich von liebgewonnenen Ideen oder etablierten Abläufen trennen muss.
Fleczok: Das stimmt! Aber die richtige Einstellung, um sich solchen Situationen lösungsorientiert zu stellen, muss man erst entwickeln.
Nezami: Ja, es stößt nicht nur auf Jubel, wenn man neue Wege gehen muss. Da will ich mich nicht ausnehmen: Ich habe auch um so manchen Darling getrauert.
Zum Beispiel? Welche besondere Herausforderung gab es denn?
Nezami: Ich bin Entwicklungsingenieur für Akustik und Schwingungstechnik. Das heißt, ich erarbeite Lösungen zur Verbesserung des Akustikverhaltens von Bauteilen und Systemen. Dabei geht es zum Beispiel um das Reduzieren von unangenehmen Geräuschen, denn unsere Staubsauger sollen für unsere Kundinnen und Kunden ja so leise und komfortabel wie möglich sein. Wir hatten beim Kobold VK7 zunächst ein ziemlich klares Akustikkonzept. Akustikkonzept bedeutet: Man bewegt Luft möglichst ungehindert durch den Staubsauger, abgetrieben vom Gebläse, und entnimmt ihr dabei so viel Krach wie möglich. Plötzlich änderte sich jedoch eine Randbedingung und in unserem Konzept entstand eine Wand. Um diese Wand mussten wir – im Wortsinne – herumdenken. Letztlich konnten wir das als Momentum nutzen und aus dem anfänglichen Hindernis sogar einen Beschleuniger machen.
Sind es solche „Tschakka“-Momente, die Sie in der Entwicklung antreiben?
Nezami: Oh ja, denn eine Insellösung, die mit keinen Randbedingungen klarkommen muss, ist nicht nur unrealistisch, sondern auch wenig herausfordernd.
Wie kann man die Philosophie von Vorwerk im Bereich Forschung und Entwicklung beschreiben? Welche Rolle spielt hier Freiraum?
Fleczok: Unter dem Aspekt der agilen Transformation stärken wir aktuell das eigenverantwortliche Arbeiten der Teams, stärken Freiräume und Möglichkeiten. Gerade die Freiräume spielen dabei eine sehr große Rolle. Das schafft nicht nur Vertrauen und eine offene Arbeitsatmosphäre, sondern es steigert auch das Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und das wiederum führt zu herausragenden Produkten.
Nezami: Als wir mit der Entwicklung des Kobold VK7 begannen, war diese agile Methodik noch recht neu für Vorwerk. Unser Team musste erst einmal lernen, mit diesem Freiraum umzugehen. Aber wir haben bewiesen, dass wir das können und blicken jetzt auf ein sehr erfolgreiches Projekt zurück.
Der 37-jährige Principal Acoustic Engineer ist seit 2016 bei Vorwerk. Wenn er nicht gerade als Entwicklungsingenieur für Akustik und Schwingungstechnik den Kobold optimiert, pflegt der Maschinenbauer seine Hobbys Fotografie und Grillen.
Was macht das Akustikkonzept des Kobold VK7 so innovativ?
Nezami: Wir konnten einen Widerspruch auflösen, denn bislang galt: Ein gutes Akustikkonzept braucht Platz. Falls es aber klein sein soll, verursacht es viel Druckverlust. Wir haben mit digitalen Simulationen zahlreiche Varianten getestet und geprüft, was physikalisch überhaupt machbar ist. Die Simulationen sparen extrem viel Zeit und ermöglichen, auch mal ganz neue Ideen zu probieren. Damit rückt die Entwicklung stärker in den Fokus, der gesamte Prozess wird quantifiziert. Das ist enorm hilfreich. So haben wir es geschafft, auf kleinem Raum und mit wenig Druckverlust eine sehr gute Akustik zu erreichen. Für den Kunden ist das ein großer Mehrwert: Er kann angenehm leise staubsaugen, auch wenn die Kinder im selben Raum schlafen – um mal ein konkretes Beispiel zu nennen.
Werden Sie eigentlich unruhig, wenn ein Projekt allzu reibungslos läuft?
Fleczok: Nein. Ich vermute jedoch, dass es solche Projektphasen oder Projekte nur selten gibt. In jeder Entwicklung gibt es immer wieder Punkte, an denen Dinge mal anders ablaufen als geplant. Anforderungen können sich ändern und neue Herausforderungen mit sich bringen. Wichtig ist hier das Mindset. Also wie man auf Veränderungen reagiert, diese auffasst und verarbeitet.
Sie wollten schon immer DJ sein? Jetzt ist es so weit! Hören Sie sich unsere Staubsauger-Sounds auf Vinyl an und legen Sie einfach mal das Model VK119 von 1980 auf. Oder den VK130 von 1996? Oder doch zuerst unseren neuen Kobold VK7?
Wirklich innovative Neuerungen – gründen die auf individuellen Geistesblitzen oder auf herausragender Teamleistung?
Fleczok: Ganz klar auf Teamleistung. Die Vorstellung vom Genie, das von einem göttlichen Funken getroffen wird, ist ein Klischee. Gerade bei einem so komplexen Produkt wie dem Kobold VK7, wo so viele Disziplinen zusammenkommen, bedarf es vieler Perspektiven, um auf den Punkt zu kommen. Erfolg hat man hier nur im Team.
Nezami: Ja, definitiv. So ein Geistesblitz ist schnell erloschen, wenn er nicht von anderen aufgenommen und weiter befeuert wird. Wichtig für die Akustik eines Staubsaugers ist ja nicht nur das Konzept, die Theorie, sondern beispielsweise auch die Produktionsweise. Unter den für die Akustik wichtigen Bauteilen können viele lose Teile und Schäume sein. Sie zu verbauen ist herausfordernd. Wir haben uns hier in interdisziplinären Brainstorming-Runden immer wieder wunderbar ergänzt, auf mögliche Schwierigkeiten hingewiesen, gegenseitig Ideen aufgegriffen und weitergedacht.
Das heißt, Inspiration für Innovationen bekommen Sie nicht unter der Dusche, beim Mountainbiken oder beim Spielen mit den Kindern, sondern…
Fleczok: … ganz langweilig in vielen Workshops mit agilen Teams, in denen die Beteiligten viel Freiraum haben, um ihre Ideen zu erarbeiten und zu verfolgen.
Nezami: Genau – wobei man die inspirierende Kraft eines guten Käsekuchens nicht unterschätzen sollte. Spaß beiseite: Die besten – im Sinne von industrialisierbaren – Ideen hatten wir tatsächlich in eher kleinen und interdisziplinär besetzten Brainstorming-Runden.
Was kommt als nächstes? Ist beim Kobold noch Luft nach oben? Welche weiteren Innovationen sind denkbar?
Fleczok: Wir haben schon Ideen für künftige Generationen des Kobolds. Die behalten wir allerdings vorerst noch für uns!
„Die Vorstellung vom Genie, das von einem göttlichen Funken getroffen wird, ist ein Klischee.“
Benjamin Fleczok, Product Owner des Kobold VK7
Die Menschheit hat rund um den Globus immer wieder höchst erstaunliche Erfindungen gemacht. Benjamin Fleczok und Amin Nezami kennen sich aus mit guten Ideen und echten Innovationen. Welche Erfindungen sind ihrer Ansicht nach die besten der Welt?